Barockfest – Institut für Historische Interpretationspraxis

Unter den Arkaden wurde noch geübt: in Ausdruck und Eigenheiten sauber herausgeputzt erschienen die einzelnen Phrasen so vielgestaltig und bunt wie die Steine im Renaissancehof, über die man zum Barockfest in Weilburg schritt. Das witzige, 1810 geschriebene Werk ist längst nicht mehr „barock“, wohl aber die Musizierhaltung, die am Institut für Historische Interpretationspraxis (HIP) an der Frankfurter Musikhochschule vermittelt wird. Mit dem Barockfest im Rahmen der Weilburger Schlosskonzerte beschlossen Studierende und Lehrende des HIP ihre Serie von drei Veranstaltungen im Modulformat, in dem sich jeder Besucher seine eigene Folge aus rund halbstündigen Kurzkonzerten zusammenstellen kann. Nach ähnlich aufgebauten Barocknächten in der Hochschule (6.7.) und dem Jagdschloss Kranichstein (13.7.) bestand die Auswahl in Weilburg aus dreiundzwanzig Konzerten an bis zu sechs parallel bespielten Orten. Folglich kann hier nur eine kleine Auswahl gewürdigt werden. Beim eingangs beschriebenen „Streich-Trio“ schien ein noch erhöhtes Sicherheitsbedürfnis dem musikalischen Fluss entgegenzustehen. Aber die Drei studieren ja noch und der Ansatz ist vielversprechend. Eine von ihnen, Keiko Suginaka, erlebte man später noch einmal in einer von ihr großartig durchgehörten Viola-Fassung von Telemanns Neunter Violinsonate.

Im Violoncellokonzert Wq 170 von C. Ph. E. Bach war Solistin Sophie–Justine Herr ein unprätentiöser Aufmerksamkeitsmagnet neben dem von Rebecca Raimondi temperamentvoll angeführten Kollektiv.

Reichen Beifall fand der abschließende Querschnitt aus der Oper „Fairy Queen“ von Henry Purcell in der Schlosskirche. Eva Maria Pollerus, die die Institutsleitung vom pensionierten Michael Schneider übernommen hat, leitete die konzertante Aufführung vom Cembalo aus. Im Dozentenkonzert zuvor hatte sie, wie auch Petra Müllejans und Kerstin Fahr, noch professoral-routiniert gewirkt. Doch im Kreise ihrer Studierenden taute sie regelrecht auf. Konzertmeisterin Daria Spiridonova zeigte großes Charisma. Vor allem im einfühlsamen Umspielen der Lamento-Arie „O let me weep“.

Unter den Gesangssolisten zeigte Annemarie Pfahler eine frei sich in der Kirche ausbreitende Höhe und Stefanie Woelke eine große Wandlungsfähigkeit, bis hin zur herzhaft rustikalen „Mopsa“ im heiteren Duett mit dem spielerisch erfrischenden Bariton Hanqi Jiao als Buhler Coridan. An Jonathan Macker gefiel das schwarze, warm ummantelte Timbre. Die vier Solisten formten auch den „Chor“, der intonatorische Freizügigkeit erbarmungslos zur Geltung brachte. Das Klangbild des vielfarbig besetzten Orchesters blieb durchsichtig genug, um auch Barocklauten, Barockgitarre und Schellentrommel hören zu lassen. – Kompliment!

DORIS KÖSTERKE