Kian Soltani, Stephen Waarts,
Bruno Philippe, William Hagen
Erwachsenen war der Eintritt zum ersten Konzert des Kronberg Academy Festival 2017 nur in Begleitung eines Kindes gestattet. Fürsorglich nahmen die Jungen sich der Alten an und schalteten für das von Christoph Eschenbach geleitete Konzert mit dem hr-Sinfonieorchester im Großen Saal der Alten Oper sogar ihre mobilen digitalen Endgeräte aus. Rund dreißig Minuten Online-Entzug mündeten in aufrichtig begeisterten und herzlichen Applaus für den 1992 in Österreich geborenen Kian Soltani, denn er hatte das etwas lebensmüde Cellokonzert von Edward Elgar „echt saftig“ gespielt. Nach Brahms‘ Violinkonzert, also fast fünfzig Minuten Offline-Sein, hagelte es frenetische Bravos für den 1996 in den USA geborenen Geiger Stephen Waarts, vor allem für seinen temperamentvoll zupackend gespielten Finalsatz.
Das zweite Konzert „Christoph Eschenbach präsentiert Junge Solisten“ durften große Leute auch ohne Aufsicht von Kindern besuchen und sich in Haydns Cellokonzert C-Dur (Hob VIIb:1) vorbehaltlos für Bruno Philippe begeistern: Denn dass seine Kadenzen bisweilen intonatorisch leicht freizügig gerieten, verzieh man ihm gern angesichts dieser emotional und energetisch ungemein stimmigen Interpretation. Von fein eingefädelten Höhen bis in die geschmeidigen Tiefen hinein ließ der 1993 im südfranzösischen Perpignan Geborene das leicht ansprechende Tononi-Cello aussingen. Selten beobachtet man einen so intensiven Dialog zwischen Solist und Orchester. Vergleichsweise sehr groß besetzt reagierte es mit enorm zartem Klang. Behutsam einfühlend nahm es die Impulse des Solisten auf und trug sie weiter, im langsamen Mittelsatz wie andächtig, in den Ecksätzen mit lustvoller Musikantik, Geist und Witz.
Im Vergleich dazu wirkte das sich anschließende Konzert D-Dur für Violine und Orchester op. 35, mit dem Erich Wolfgang Korngold (1897–1957), nach einer frühen Karriere als von Gustav Mahler gefördertes Wunderkind und einer weiteren in Hollywood als Filmkomponist, versucht hatte, wieder die Kurve in das „Ernste“ europäische Konzertleben zu kriegen, primär wie eine Geigen-Zirkusnummer. Der 1992 in Salt Lake City geborene William Hagen brillierte darin virtuos, mit aufs Sauberste intonierten, ungemein klangschönen Höhen der circa 1675 in Cremona von Andrea Guarneri gebauten Violine.
Das von Arnold Schönberg orchestrierte Erste Klavierquartett von Johannes Brahms gelang dem Orchester so durchhörbar, dass man jeden wieder völlig neuen Gedanken als konsequent aus dem Material des Vorangegangenen entwickelt wahrnahm: Ungeachtet des zunächst bedauerten Schmalz-Verzichts ein echter Leckerbissen.
DORIS KÖSTERKE