Klare hohe Stimmen im Kontrast zu Strohbässen, weitgespannte Bögen, sauber ausgehörte Harmonien, eine Dynamik vom meisterlich gestützten Pianissimo zum Dom-durchbrausenden Vollklang, gut gehaltene Ausklänge im Dialog mit der Akustik des Domes – mit dem Choir of Trinity College, Cambridge unter der Leitung von Stephen Layton war einmal wieder einer der besten Chöre der Welt zu Gast bei den Frankfurter Domkonzerten. Die rund dreißig bemerkenswert jungen Menschen, Studierende der traditionsreichen Elite-Universität, begeisterten nicht zuletzt durch ihre Art, die hohe eigene Leistung in einem gemeinsamen Ganzen aufgehen zu lassen. Die stark durchmischte Aufstellung des Chores schien ein Geheimnis. Sie ermöglichte nicht nur eine Abfolge ein- und mehrchöriger Werke ohne Umstellpausen. Bisweilen schien es sogar, als seien einzelne Stimmen nicht immer nur hohen oder nur tiefen Partien zugeordnet. Solistische Rollen waren über viele Chor-Mitglieder verteilt und wurden aus den Reihen des Chores erfüllt. Nur in der Zugabe, „O Salutaris Hostia“ des 1977 geborenen lettischen Komponisten Eriks Ešenvalds, standen die beiden effektvoll alternierenden Soprani vor der Chorfront.
Im eröffnenden „Exsultate Deo“ von Palestrina (c. 1525–94) gefiel die aparte Phrasierung, durch die der Jubel enorm an Schwung gewann. Gemessen am Alter der Komposition staunte man über eine Gruppe leicht vibrierender hoher Frauenstimmen. Weit später im Programmverlauf, in Ralph Vaughan Williams‘ Agnus Dei aus der Messe in g-Moll, einem fein geflochtenen Netz aus Solistenformationen und Tutti, wirkte diese Vibrato-Farbe gezielt eingesetzt, um dem Gebet Innigkeit zu geben. Natürlich bot das Programm einige Motetten aus den Zeiten von Elizabeth I., von Thomas Tallis, Robert Parsons und Tomás Luis de Victoria. In William Byrds „O Lord, make thy servant, Elizabeth our Queen, to rejoice in thy strength“ schmunzelte man über die Aktualität.
Drei Soli für Orgel gliederten das Konzert. Gut durchhörbar wirkte das Alla breve, BWV 589. Im Postlude pour l’Office de Complies von Jehan Alain (1911-40) fühlte man sich von den Rohrblatt-Farben der Hauptstimmen beim Tasten von Zusammenklang zu Zusammenklang sicher an die Hand genommen, während die “Alleluyas” von Simon Preston (* 1938) sehr nachdenklich stimmten.
Die beglückendsten Momente des Konzerts waren jedoch die zeitgenössischen Kompositionen, die expressiven Stachelharmonien in „Mother of God, here I stand“ von John Tavener (1944–2013) oder in „O magnum mysterium“ von Jaakko Mäntyjärvi (* 1963), sowie die sauber ausgehörte Mixturklänge in Evening Hymn und Ekteniya of the Litany von Einojuhani Rautavaara (1928–2016).
DORIS KÖSTERKE
20.07.2018