IEMA 20/21 zeigt Logik jenseits vom Mainstream

 

„Hier werden Musiker ausgebildet, die mit ihrer Musik etwas wollen“, sagt Ensemble-Modern-Fagottist Johannes Schwarz im kurzen Image-Film über die Internationale Ensemble Modern Akademie (IEMA). Die einjährige Ausbildung vermittelt ein breit gefächertes Handwerkszeug, „um als Künstler nicht nur zu überleben, sondern auch etwas zu bewegen“.

Was können Musiker bewegen? Sie können zeigen, dass mitunter auch jenseits des Gängigen eine zwingende Logik waltet. Das gelang den aktuellen IEMA-Stipendiaten im via Youtube erlebbaren ersten der drei Frühjahrskonzerte im Dachsaal der Deutschen Ensemble Akademie.

Die Klangwelt der Renaissance blinzelte durch „In Respondit – due madrigali di Gesualdo trascritti e ripensati“ von Luca Francesconi. Carlo Gesualdo (1566-1613) wollte seine musikalische Textausdeutung besonders expressiv gestalten und hat dafür in seinen Madrigalen zu Mitteln gegriffen, die zu seiner Zeit deutlich aus dem Rahmen des Konventionellen fielen. Dies hat Francesconi in seiner Komposition „per cinque strumenti con un trattamento ellettronico dello spazio (1997)” aufgegriffen und weitergetrieben. Die elektronische Raumklangbehandlung von Lukas Nowok wurde im parallelen Chat hoch gelobt. Flötist Jaume Darbra Fa, Oboistin Claire Colombo, Klarinettist Riccardo Acciarino, Bratscherin Flora Geißelbrecht und Cellist Yiyang Zhao gestalteten die klanglichen Stimmungen nach, den die Worte in der Musik hinterlassen haben. Felix Schauren dirigierte seine Mitstudenten und gab etwa klanglichen Schwebungen die nötige Zeit, um sich zu entfalten.

„Entscheidend ist die Beziehung zwischen den Elementen, nicht die Elemente selbst“, schrieb Luis Codera Puzo über sein Streichquartett „Kaolinite [Al2Si2O5(OH)4]“ (2012) „für Kontrabass, Violine, Viola und Cello”. Dem Kontrabass, ausstrahlungsreich gespielt von Zacharias Faßhauer, kam eine virtuos herausgehobene Rolle zu. Aber ohne das Zutun von Jae A Shin (Violine), Veronika Paleeva (hier Viola, sonst Violine) und Lucie Chollet (Violoncello) hätte sich die musikalische Logik zwischen den leisen geräuschnahen Gänsehaut-Klängen nicht vermitteln können.

Cellistin Lucie Chollet, Kontrabassist Zacharias Faßhauer und Pianistin Kathrin Isabelle Klein machten „Alamari“ (1983) von Franco Donatoni zum spannenden Erlebnis. Zwölf Jahre später entstanden sprach Donatonis „Triplum“ (1995) in virtuosen Läufen, Trillern und Pointilismen eine deutlich andere Sprache, „Trauben“ von Enno Poppe und das spürbar von der freien Improvisation geprägte “Khasma“ (2001) von Richard Barrett eine wieder andere.

Der gesellschaftliche Nutzen? Der Mainstream schafft große ökologische und soziale Probleme. Die IEMA sensibilisiert dafür, dass es auch anders geht.

DORIS KÖSTERKE
30.03.2021