FRANKFURT. Als Gast der „Klosterkonzerte“ zeigte das Ensemble Spark in seinem Programm „Be Baroque“, was gute Musik ist. Die fünf Musiker hatten sich 2007 zur „Klassik-Band“ Spark zusammengeschlossen, um Meisterwerke der Musikgeschichte so zu vermitteln, dass sie zünden, wie Rockmusik. Ohne Elektronik, ohne Showeffekte. Nur mit Blockflöten, Geige, Cello und Klavier. Vier Jahre später wurden sie mit dem ECHO Klassik ausgezeichnet.
Bei ihrem Konzert im Karmeliterkloster begeisterten sie trotz erschwerter Bedingungen: Indem das Publikum ausgeschlossen blieb, fehlten nicht nur die „Dämpfer“ gegen die Überakustik im Refektorium. Ihr Musizierstil ist auf Blickkontakte mit dem Publikum ausgelegt, die beim Aufschaukeln von musikalischen Energien wie Katalysatoren wirken: Die Blockflötisten Andrea Ritter und Daniel Koschitzki und die Streicher Stefan Balazsovics (Geige) und Victor Plumettaz (Cello) spielen auswendig. Nur Pianist Christian Fritz hat Blätter vor sich, die eher Improvisations-Skizzen als Noten ähneln. Flötisten und Geiger agierten im Stehen. Das erfordert und steigert eine uneingeschränkte Präsenz und Vitalität.
Gute Musik braucht diese Präsenz und Energetik, aber auch hochwertige Substanz nebst ebenso hochwertiger „Rückverdünnung“: den Spielern muss durch und durch klar sein, was sie spielen und mit welchen Mitteln sie die Wiederbelebung durch die Interpretation vornehmen. Da machen es die Spark-Mitglieder wie Johann Sebastian Bach, der sich fremde Werke zu eigen machte, indem er sie bearbeitete. Noch heute empfehlen manche Kompositionslehrer das Abschreiben von Werken als erbarmungslos gründliche Methode, sich bei jeder Note zu fragen: warum hat der Komponist das so und nicht anders gemacht? Im Bearbeiten fremder Werke geht diese intensive Form der Aneignung noch einen Schritt weiter. Bach nahm ein Konzert von Vivaldi für vier Violinen und Cello (RV 580) und machte daraus sein Konzert in a-Moll BWV 1065 für vier Cembali. Wie Konzertveranstalter Thomas Rainer im parallelen Chat genau kommentierte, schöpften die beiden Spark-Blockflötisten Andrea Ritter und Daniel Koschitzki ihr Arrangement aus beiden Werken zugleich. Den Finalsatz vermittelte das Ensemble so perlend und blubbernd wie sprudelndes Wasser. Wie der Stuttgarter Komponist Sebastian Bartmann, von dem sie etwa „d minor“ spielten, erweitern auch sie das barocke Notengerüst mit Techniken der Minimal Musik, übertragen Techniken der elektronischen Musik wie Loops oder Arpeggiatoren auf akustische Instrumente zurück und lassen sich von Luciano Berio inspirieren. Hinzu kommen instrumentale Raffinessen, die etwa der Geigenkunst von Sinti und Roma entstammen. Und Songs der Beatles: In seinem Projekt „Beatles go Baroque” hatte Peter Breiner sie zu Concerti grossi im Bach-Stil verarbeitet. Aus ihnen spielte Spark „Michelle“ und „Help“. „Help“ auch mit der programmatischen Absicht, der von Corona-Maßnahmen gebeulten Musik zu helfen: Auch die Konzertagentur Allegra, die nicht nur etablierte Ensembles wie Spark einlädt, sondern ganz besonders auch jungen, noch unbekannten Künstlern Bühnenerfahrung ermöglicht, bangt um ihre Existenz. Auch, wenn sich aktuell über die Crowdfunding-Plattform „kulturMut“ noch genügend Unterstützer zusammengefunden haben, um wenigstens diese Konzertsaison noch zu ermöglichen.
DORIS KÖSTERKE
17.5.2021
weitere, ebenfalls durch Crowdfunding ermöglichte Konzerte am 27.06., 11.7. und 3.10.2021, jeweils um 17 Uhr.