Konzert für Theremin und Orchester
Endlich ein Musikinstrument, für das man nicht üben muss, mag mancher beim ersten Kontakt mit einem Theremin gedacht haben: Man hält seine Hände in die Spannungsfelder der beiden Antennen und schon entstehen – anders als bei Erstkontakten mit klassischen Streich– oder Blasinstrumenten – schöne Klänge. Als der schillernde Lew Termen (1896-1993, erst als Geheimagent in den USA nannte er sich Leon Theremin) seine Erfindung 1922 im Kreml vorstellte, soll es Wladimir Iljitsch Uljanow alias Lenin gelungen sein, ein russisches Lied darauf zu spielen.
Thereminist und Komponist Clemens Rynkowski
Doch als Clemens Rynkowski dieses Instrument vor dem 3. Sinfoniekonzert (neuer Marketing-Name: „WIR 3“) des Hessischen Staatsorchesters Wiesbaden im Friedrich-von-Thiersch-Saal vorstellte, gewann man angesichts seiner Fingeryoga-ähnlichen Verrenkungen eine Ahnung von den Orientierungsschwierigkeiten, mit denen er im elektromagnetischen Raum zu kämpfen hatte, besonders in höheren Tonlagen, in denen, ähnlich wie bei Saiteninstrumenten, der Raum zwischen den einzelnen Tonstufen immer enger wird und Millimeterbruchteile der Abweichung zu etwas führen können, das jeder Laie schmerzvoll als Daneben empfindet. Rynkowski komponiert auch – nicht nur für dieses Instrument, auf das er durch Zufall gestoßen ist. Weil er und Patrick Lange einander aus einem Projekt mit dem Bundesjugendorchester kennen, bekam Rynkowski den ersten Kompositionsauftrag des neuen Wiesbadener Generalmusikdirektors.
Uraufführung in Wiesbaden
„Xena“, sein Konzert für Theremin und Orchester, erlebte an diesem Abend seine Uraufführung. Die Konfrontation der „Etablierten“ im Orchester mit dem solistischen „Fremdling“ hätte man sich weniger martialisch gewünscht. Gut gemacht – sowohl von dem Komponisten, als auch von dem abenteuerlustigen Klangkörper – waren die zahlreichen Glissandi, Vibrati und Sphärenklänge, mit denen Rynkowski die Aufgaben der Orchestermusiker spürbar den typischen Theremin-Klangwelten angenähert hatte. Die Zugabe, Der Schwan aus Camille Saint-Saëns‘ Karneval der Tiere, in der das Orchester zur Klangwolke degradiert ist, erhielt jedoch weit mehr Beifall. Zuvor hatte das Orchester sich schon in der Suite aus der Oper Die Liebe zu den drei Orangen von Sergei Prokofjew mit kontrastreichen Klangfarben und –gesten von seiner besten Seite gezeigt. Auch in der wie in vollautomatisierter Routine abgespielten Vierten Sinfonie von Robert Schumann fand sich ein Moment gut ausgehorchter Gestaltung: Zu Beginn des Zweiten Satzes, gefolgt von einem berückend schön gespielten Oboen-Solo.
DORIS KÖSTERKE
7.11.2018